Liebe kennt kein Alter

Der Artikel geht heute, am 7.Dezember 2016, auch beim Online-Magazin von "lifetrust", dem "Compassioner", online.

Was für ein Erfolg für mich! Ich bin sehr stolz und vor allem dankbar, dass mein Artikel es bis dorthin geschafft hat.

Ich hoffe ich erreiche viele viele Herzen damit. Für eine offenere, tolerantere, mutigere, friedlichere und liebevollere Welt.

 

Liebe kennt kein Alter

 

Vor einiger Zeit gab mir mein Freund Claus einen Artikel über Mick Jagger zu lesen.

Er wird zum 8. Mal Vater. Mit über 70. Seine Freundin ist 29 Jahre alt. OKAY!!!

 

So was kommt vor unter den Stars und Sternchen.

 

Doch wie sieht es damit in unserer unmittelbaren Umgebung aus? Kennst du ein Paar, dessen Altersunterschied an die 40 Jahre beträgt? Nein?! Ich schon. Ich lebe nämlich selbst in so einer Beziehung. Mittlerweile nun schon das fünfte Jahr.

 

Mein Liebster ist 39 Jahre älter als ich.

 

Unglaublich, aber wahr! Das ist schon sehr extrem, hab´ ich Recht? Selbst für mich und meinen  Verstand ist es manchmal noch unbegreiflich, wie das so geht. Für meinen Verstand wohl gemerkt. Nicht für mein Herz.

 

Und mein Herz siegt meistens. So hat es auch damals bei dieser ungewöhnlichen Beziehung gesiegt.

 

Wie kam es dazu?

 

Nun, dieser ältere überaus charmante und jung-gebliebene Herr war Kunde in dem Reformhaus , in dem ich Samstags immer arbeitete. Ein offen-herziger Rheinländer, den es an den Bodensee verschlagen hatte.

Frisch und frei fragte er irgendwann nach meiner Telefonnummer. Ob wir nicht mal einen Kaffee miteinander trinken gehen wollten. „Ok“, sagte mein Verstand. „Merkwürdig, merkwürdig, doch warum eigentlich nicht. Nett ist er ja.“

Nach unserer ersten Verabredung war ich, hochsensibles Weib, völlig erschlagen.

Wie kann ein Mensch nur so viel reden? Mein Fazit damals: Auf keinen Fall ein weiteres Treffen.

 

Doch irgend etwas zog mich doch zu diesem Mann.

 

Seine positive Ausstrahlung, seine Herzlichkeit und Weltgewandtheit und noch etwas anderes, fast Magisches. Es folgten weitere Treffen – spontane und fest ausgemachte. Und irgendwann auch ein verbotener Kuss. Verboten für meinen Verstand. Ich haderte wirklich sehr mit mir und meinen Gefühlen. Ich war verwirrt. Das konnte doch nicht sein! Ich, intim mit einem alten Mann. Dieses Bild wollte damals so gar nicht in meine begrenzte Gedanken-Box von schön und richtig passen. Per Brief stellte ich das auch freundlich klar. Claus reagierte verständnisvoll und gelassen. Und doch...

 

Letztlich war ich diejenige, die die Distanz brach.

 

Die irgendwann den Stuhl näher rückte und die Nähe suchte. Ich folgte einem Impuls in mir. Die Weisheit meines Herzens wusste schon viel früher, was das Beste für mich ist. Zum Glück habe ich mich von meinen Gefühlen leiten lassen.

Wie bereits gesagt, dies ist nun über fünf Jahre her. Und ich habe es bis heute nicht bereut. Im Gegenteil. Mit und an diesem Mann bin ich nur gewachsen. Lebe ich nun endlich die Frau, die ich in Wahrheit bin. Claus eröffnete mir Welten, die ich zuvor nicht kannte bzw. die ich bis dahin nicht lebte.

 

Unsere Intimität ist einzigartig und wundervoll.

 

Auch unsere Sexualität. Sie hat für uns beide sehr viel mit Nähe zu tun. Nicht nur der körperlichen. Nein, diese ergibt sich sozusagen ja erst aus der innigen geistigen und seelischen Verbundenheit und Nähe heraus, die uns so stark verbindet. Noch nie zuvor konnte ich mich einem Mann derart öffnen. Ich vertraue Claus zutiefst. Ich weiß um seine große Liebe zu mir und somit fließt alles in Harmonie. Auch die Liebe auf körperlicher Ebene. Von Erektions- oder Orgasmus-Problemen eines ins Alter gekommenen männlichen Körpers keine Spur! Männer es gibt Hoffnung ;-)

 

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass auch in diesem Bereich die Seelenebene eine entscheidende Rolle spielt. Der Körper ist unmittelbar mit dem Geist und der Seele verbunden. Liebe heißt also das Zauberwort. Nicht Stellung XY oder Spielzeug Nr.24.

 

Liebe überwindet alles.

 

Liebe fragt nicht.

 

Liebe liebt.

 

Ehrlich gestanden: Klar gab es zu Beginn doch den einen oder anderen Hemmschuh zu überwinden. Zum Beispiel die Sache mit „Was andere über mich denken“ oder die Konfrontation mit dem alt gewordenen Körper (Dieser Punkt fiel bei meinem Freund natürlich praktischerweise automatisch weg). Für mich war das offen gestanden schon kurzzeitig gewöhnungsbedürftig. Zumal ich eigentlich immer schon auf knackige, sportliche Männerfiguren stand. Optik war und ist mir wichtig. Jedoch gibt es Faktoren, die mir noch wichtiger sind. Und die überwiegen. Reife, Gelassenheit, Intellekt, Tiefgang, Humor, Fröhlichkeit, Sanftheit, Klarheit, Kreativität, Ehrlichkeit, Bodenständigkeit, Liebe und Gleichklang der Seelen. All dies bietet mir mein Partner. Was machen da schon ein paar Jahre mehr an Altersunterschied?

 

 Wichtig ist doch, dass wir glücklich sind.

 

 

Und das sind wir! Genauso glücklich oder manchmal auch unglücklich wie andere Paare auch. Wir ergänzen uns prima. Ich profitiere von Claus´ altersbedingter Ruhe, Gelassenheit und Lebenserfahrung und er von meiner „jugendlichen“ Power und Wildheit, sowie meinem unbändigen Tatendrang.

 

Und was sind die Herausforderungen in so einer Beziehung?

 

Die bleiben natürlich auch bei uns nicht aus. Vielleicht sind sie auch etwas speziellerer Art. Mag sein. Thema Nummer eins ist eigentlich der unterschiedliche Lebensrhythmus.

Ich stehe noch voll im Berufsleben, habe die Ehre für meine Tochter da sein zu dürfen und sie auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Claus hingegen ist völlig frei. Beruflich, finanziell und zeitlich. Das ist manchmal schwierig unter einen Hut zu bringen. Zumal wir auch beide sehr eigen sind und selbstbestimmt leben möchten. Deshalb wohnen wir auch in getrennten Wohnungen und nur am Wochenende zusammen.

Einerseits ist das gut, andererseits fühlt es sich so für mich oftmals nicht wirklich nach Familie an, die auch den Alltag miteinander teilt. Stichwort Entlastung.

Im Alter lassen die Kräfte nach. So stehe ich also im Grunde tagtäglich meine Frau und erfahre gefühlt zu wenig Hilfe.

 

Ein weiterer Punkt ist die Familienplanung. Weitere Kinder sind für mich mit diesem Partner nicht möglich. Nicht, dass ich nicht wollte. Nein. Er will nur nicht. Die Gründe sind natürlich vielfältig. Einerseits fände er es unverantwortlich dem Kind und mir gegenüber, andererseits nimmt das Bedürfnis nach Ruhe und Freiheit nun doch schon sehr viel Raum in seinem Inneren ein.

 

Wir müssen also Kompromisse eingehen.

 

Eigentlich so, wie andere Paare auch, oder?! Selten gibt es wohl eine Beziehung, in der sich alle Bereiche in Harmonie wiegen. Solange der Ausgleich da ist, solange wir in Be-ziehung bleiben, solange wir miteinander reden, solange es sich viel mehr gut, als schlecht anfühlt, solange sind die Kompromisse, die ich eingehen muss ok. Da setzte ich Prioritäten.

 

Bleibt die Frage nach der Zukunft.

 

Von Anfang an haben wir gesagt: „Wir leben den Moment.“ Das Jetzt ist entscheidend.

Die Zukunft liegt sowieso noch in den Sternen.

Auch ein jüngerer Partner könnte durch einen Unfall von heute auf morgen ein anderer sein. Auch ein junger Mann könnte morgen schon einfach gar nicht mehr an meiner Seite sein. Das Leben ist unberechenbar. Die Liebe auch, wie man sieht.

 

Claus und ich haben aber natürlich trotz alledem noch Visionen und Träume.

 

Wir planen vielleicht in etwas kürzeren Zeitabschnitten, aber dennoch liegt unsere Beziehung nicht brach. Wir arbeiten intensiv und mit viel Freude an gemeinsamen Projekten und haben herausfordernde Ziele und wunderschöne Visionen.

 

Irgendwie scheinen wir füreinander bestimmt zu sein.

Zumindest jetzt, in diesem kurzen Moment der Ewigkeit, in der Erden-Jahre völlig irrelevant zu sein scheinen.

 

Übrigens, auch meine mittlerweile fast 11-jährige Tochter liebte Claus von Anfang an. Nie hat sie sein Alter infrage gestellt. Selbst dann nicht, als ihre Freundinnen oder Fremde fragten, ob er ihr Opa sei. Bis heute nicht. Im Gegenteil. Letzte Woche hat sie mir schon Brautkleider im Internet ausgesucht...Da weiß meine Tochter wohl schon mehr als Claus und ich J. Ist es nicht wundervoll, wie unvoreingenommen Kinder sein können? Wie natürlich sie noch reagieren und wie flexibel und weit ihre Vorstellungskraft ist? Wie unbefangen sie in die Welt blicken und wie unermesslich groß ihr Herz ist? Gestern und morgen sind relativ unwichtig. Sie leben das Jetzt. Pur!

 

Let ´s think about it! Maybe they speak the truth.

 

 

Radolfzell, 7.November 2016

 

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